Arbeitsrecht 2026: Was sich für KMU aus Handwerk und Industrie jetzt ändert
10.12.2025 | TECSELECT Branchen-Radar

Das neue Arbeitsrecht 2026: Was sich für Unternehmen wirklich ändert
Mit dem Jahreswechsel 2026 tritt eine Welle arbeitsrechtlicher Neuerungen in Kraft. Die Änderungen betreffen nahezu alle Bereiche des Arbeitsverhältnisses – von Entgelttransparenz über digitale Prozesse bis hin zur Beschäftigung von Fachkräften im Ruhestand. Gerade für KMU aus Handwerk und Industrie ist es Zeit, Strukturen und Abläufe auf den Prüfstand zu stellen.
Die Reform des Arbeitsrechts ab 2026 verändert die Spielregeln und längst läuft der Countdown für viele Unternehmen des deutschen Mittelstands. Mit gutem Grund, da die Neuerungen tief in den betrieblichen Alltag eingreifen. So müssen künftig Gehälter offen kommuniziert, Arbeitszeiten digital erfasst und Verträge weitgehend elektronisch abgewickelt werden.
Hinzu kommen aktuelle Modelle zur Beschäftigung im Ruhestand sowie reformierte Mindestlohnvorgaben. Das bringt insbesondere für kleine und mittlere Betriebe praxisrelevante Änderungen mit sich. Denn die Reformen fordern Klarheit in der Kommunikation, Verlässlichkeit in der Dokumentation und eine neue Offenheit im Umgang mit Löhnen und Arbeitszeiten.
Mehr Transparenz: neue Vorgaben für faire Bezahlung und Gleichstellung
Mit Inkrafttreten der EU-Richtlinie 2023/970 müssen Unternehmen ab Juni 2026 ihre Vergütungsstrukturen offenlegen. Demnach müssen Gehaltsspannen bereits in Stellenanzeigen ausgewiesen werden. Zudem erhalten Beschäftigte das Recht, geschlechtsbezogene Durchschnittsgehälter für vergleichbare Positionen zu erfragen. Arbeitgeber sind verpflichtet, innerhalb von zwei Monaten Auskunft zu geben und müssen im Zweifel eine faire Bezahlung nachweisen.
Flankiert wird die Richtlinie durch das neue Gleichstellungsgesetz. Es verpflichtet Unternehmen zur Ausarbeitung und regelmäßigen Prüfung einer Gleichstellungsstrategie. Wird eine geschlechtsbezogene Lohnlücke von mehr als fünf Prozent festgestellt, sind innerhalb von sechs Monaten konkrete Maßnahmen einzuleiten. Dafür müssen Lohnstrukturen transparent dokumentiert, Bewertungsverfahren überprüft und Personalabteilungen auf die kommenden Pflichten vorbereitet werden.
Flexiblere Arbeitszeitmodelle – mit klaren Regeln zur digitalen Zeiterfassung
Direkt zum Jahresbeginn 2026 tritt eine wichtige Änderung im Arbeitszeitrecht in Kraft. Entscheidend ist künftig nicht mehr das tägliche Arbeitszeitlimit, sondern die Obergrenze von 48 Stunden pro Woche. Dadurch werden längere Arbeitstage – bis zu zwölf Stunden – rechtlich möglich, sofern gesetzlich vorgeschriebene Ausgleichszeiten und Ruhephasen eingehalten werden. Das eröffnet neue Möglichkeiten für projektbezogene Einsätze, Schichtsysteme oder komprimierte Arbeitswochen.
Gleichzeitig wird die digitale Zeiterfassung verpflichtend und Arbeitszeiten müssen elektronisch dokumentiert werden. Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden müssen sofort umstellen und mittlere Betriebe ab 50 Beschäftigten haben bis 2028 Zeit. Zwar liegt die Verantwortung hierfür beim Arbeitgeber, sie kann aber intern delegiert werden. Verstöße können Bußgelder nach sich ziehen. Datenschutz, Fälschungssicherheit und betriebliche Mitbestimmung bleiben wichtige Punkte.
Mindestlohn steigt, Aktivrente kommt: Das ändert sich jetzt für Unternehmen
Der Anstieg des Mindestlohns auf 13,90 Euro ab 2026 zieht einen Dominoeffekt nach sich: Die neuen Schwellenwerte für Mini- und Midijobs verlangen von Arbeitgeberseite sofortige Anpassungen. Lohnstrukturen, Arbeitsverträge und Zeiterfassungsmodelle müssen auf den Prüfstand – nicht zuletzt, um unnötige Risiken in der Lohnabrechnung auszuschließen.
Mit dem Reformpaket wird zudem die sogenannte Aktivrente eingeführt: Rentenberechtigte können ab 2026 bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen – unabhängig vom Rentenbezug. Diese Begünstigung gilt allerdings nur, wenn das reguläre Rentenalter erreicht ist. Das Modell wird zunächst als Pilot eingeführt und bis Ende 2029 evaluiert.
Auch wenn die Einkommensteuer entfällt, bleiben Betriebe bei der Aktivrente vollständig in der Beitragspflicht. Die Vorgaben zur Meldung, Dokumentation und Abrechnung sind verbindlich – und erfordern entsprechend belastbare technische Lösungen, um Haftungsfallen auszuschließen.
Digitalisierung im Arbeitsrecht – weniger Aufwand, aber mehr Pflichten
Mit dem Jahreswechsel 2026 wird die elektronische Personalverwaltung zum neuen Standard. Arbeitsverträge, Änderungsvereinbarungen und Nachweisdokumente gelten nun auch in Textform – etwa per E-Mail – als rechtsgültig. Nur für Kündigungen und sachgrundlose Befristungen bleibt die eigenhändige Unterschrift weiterhin verpflichtend.
Ab 2027 folgt dann der nächste Schritt: Lohnunterlagen sowie zentrale Teile der Personalakte müssen digital verwahrt und auditfähig sein. Wer bis dahin nicht umgestellt hat, riskiert Sanktionen. Zudem sind bei der Einführung IT-gestützter Systeme Datenschutzvorgaben und die Einbindung des Betriebsrats zu beachten.
Auch in der Kommunikation mit Behörden bringt die Reform Entlastung: Entsendebescheinigungen für Auslandseinsätze, Krankmeldungen, Gewerbeanmeldungen oder vergleichbare Verfahren sollen künftig elektronisch über zentrale Online-Plattformen laufen. Dadurch lassen sich Meldewege vereinfachen, Berichtspflichten verschlanken und digitale Archivierungspflichten effizienter umsetzen.
Mehr als Pflichten: Wie Unternehmen den Wandel strategisch nutzen können
Die Arbeitsrechtsreform 2026 bringt weit mehr als neue Vorgaben – sie markiert einen tiefgreifenden Wandel in der betrieblichen Praxis. Digitale Prozesse, flexiblere Arbeitszeiten, Transparenzpflichten und zeitgemäße Beschäftigungsmodelle eröffnen Betrieben zusätzliche Handlungsspielräume – erfordern aber auch klare Abläufe, rechtssichere Systeme und eine neue Offenheit in der Zusammenarbeit.
Gerade kleine und mittlere Unternehmen im Handwerk und in der Industrie stehen jetzt vor der Aufgabe, interne Strukturen gezielt weiterzuentwickeln. Wer frühzeitig handelt, kann regulatorische Anforderungen nicht nur erfüllen, sondern in unternehmerische Vorteile verwandeln: durch modernisierte Prozesse, geringeren Verwaltungsaufwand und eine gestärkte Arbeitgeberposition im Wettbewerb um Fachkräfte.
Alle Angaben entsprechen dem Stand November 2025 und wurden sorgfältig recherchiert. Sie ersetzen keine individuelle Rechtsberatung. Für Aktualität und Vollständigkeit wird keine Haftung übernommen.
Quellen:
Deutsche Rentenversicherung – Bundeskabinett beschließt Sozialversicherungsrecherchengrößen
(Link: Meldungen | Bundeskabinett beschließt Sozialversicherungsrechengrößen 2026 | Deutsche Rentenversicherung)
Dr. Vogt Consulting - Entgelttransparenzgesetz
(Link: Alles zum Entgelttransparenzgesetz 2026 | Dr. Vogt Consulting)
Haufe - Umsetzung der EU-Richtlinie für mehr Lohntransparenz
(Link: EU-Richtlinie für mehr Lohngleichheit | Personal | Haufe)
Die Bundesregierung - Mit Aktivrente bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen
(Link: Kabinett beschließt Gesetzentwurf Aktivrente | Bundesregierung)
Bundesministerium der Finanzen - Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf zur neuen Aktivrente: Freiwilliges längeres Arbeiten soll sich lohnen
(Link: Bundesfinanzministerium - Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf zur neuen Aktivrente: Freiwilliges längeres Arbeiten soll sich lohnen)
Die Bundesregierung - Der gesetzliche Mindestlohn im Überblick
(Link: Fragen und Antworten zum Mindestlohn | Bundesregierung)
Deutscher Gewerkschaftsbund - Mindestlohn steigt in zwei Schritten auf 14,60 Euro
(Link: Mindestlohn steigt in zwei Schritten auf 14,60 Euro | DGB)
Der deutsche Bundestag – viertes Bürokratieentlastunsgesetz
(Link: Deutscher Bundestag Drucksache 20/11306 Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie (Viertes Bürokratieentlastungsgesetz)
Kanzlei JURA.CC - Reform der Arbeitszeitpläne: Diese Folgen könnte es für Arbeitnehmer haben
(Link: Reform der Arbeitszeitpläne: Diese Folgen könnte es für Arbeitnehmer haben - Dr. jur. Jens Usebach LL.M │Rechtsanwalt & Fachanwalt │Kündigungsschutz & Arbeitsrecht)
PERSONALWISSEN - Ab 2026 Pflicht: Digitale Zeiterfassung für Unternehmen ab 10 Mitarbeitenden
(Link: Ab 2026 Pflicht: Digitale Zeiterfassung für Unternehmen ab 10 Mitarbeitenden - Personalwissen)
EUR-Lex - Richtlinie (EU) 2023/970 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 2023 zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen
(Link: Richtlinie - 2023/970 - EN - EUR-Lex)
Espertenforum Arbeitsrecht - Entgelttransparenz-Richtlinie: Umfangreiche Berichtspflichten für Unternehmen ab 100 Mitarbeiter
(Link: Entgelttransparenz-Richtlinie: Umfangreiche Berichtspflichten für Unternehmen ab 100 Mitarbeiter – Expertenforum Arbeitsrecht (#EFAR)